Wenn ich an Verona denke, dann fällt mir spontan die Arena (das Veroneser Collosseum 😉), der Balkon von Romeo und Julia und die alljährlich stattfindenden Festspiele ein.
Verona ist aber weit mehr. Die 250.000 Einwohner zählende Stadt am Fuße der südlichen Alpen (nur noch 59 m über dem Meeresspiegel gelegen) kann auf eine fast 2500 jährige Geschichte zurückblicken und war ab 89 v. Chr. römische Kolonie. Das Stadtbild wird dominiert von der Römerzeit und der Zeit danach.
Der Wohnmobilparkplatz liegt unweit der Festungsanlagen. Wir entscheiden uns, den Weg in die Innenstadt zu Fuß zu gehen. Die Stadtmauer ist umgeben von einer parkähnlichen Anlage durch die wir bis zu einem der Stadttore gemütlich hindurch schlendern. Diese Wehranlagen haben heute eher den Charakter einer Ruine. Die Befestigungsanlagen sind aber so renoviert, dass man einen guten Eindruck von der Mächtigkeit der früheren Verteidigungsanlagen bekommt. R
Wir erreichen das Stadttor. Hier lässt sich der frühere Reichtum von Verona schon an der Fassade erkennen. Wir orientieren uns Richtung Innenstadt und frönen erst einmal italienischer Lebensart bei einem Cappuccino und einem süßen Teilchen in einer am Wege liegenden Konditorei.
Was uns im Stadtbild auffällt ist, dass in Italien wesentlich mehr kleine Motorräder und Motorroller unterwegs sind als bei uns. An nahezu jeder Ecke findet sich ein Pulk abgestellter Motorroller.
Das spiegelt sich auch in der typischen Geräuschkulisse einer italienischen Mittelstadt wieder. Der Lärm von vor allem älteren Motorrollern unterscheidet sich doch sehr deutlich von der Geräuschkulisse bei uns
zuhause.
Wir kommen zu dem großen Platz, auf dem die weltberühmte Arena steht. Ein zweistöckiger Bau a la Kolosseum beherrscht den optischen Eindruck dieses Platzes.
Die vielen Strassenrestaurants zu unserer Linken, die um die vorbeiziehenden Touristen werben, lassen die typischen Auswüchse des modernen Tourismus deutlich werden. Das hat nichts mehr mit dem mittelalterlichen Flair der Kulisse zu tun. Wir kümmern uns nicht weiter darum.
Wenn man den Platz betritt, dann erscheint die Arena noch filigran, da sie die umliegenden Häuser kaum überragt. Je weiter man sich der Arena nähert, erkennt man die riesigen Dimensionen dieses altertümlichen Bauwerks.
Auch ist der davorliegende Platz für eine mittelalterliche Stadt dieser Größe sehr gross bemessen.
Es ist klar, dass die verantwortlichen Tourismusmanager von Verona und findige Geschäftsleute versuchen, diese Besonderheit, den Mythos von Romeo und Julia, genau so wie die römische Geschichte entsprechend in Szene zu setzen. Und so verwundert es nicht, dass uns römische Soldaten und Gladiatoren dazu bewegen wollen, Karten für die Festspiele zu kaufen oder wenigstens die Arena, natürlich gegen einen entsprechenden Obulus, von innen zu bewundern.
Wir gehen nicht auf das Angebot ein, da wir gesehen haben, dass die meisten Kulissen für die diesjährigen Festspiele noch außerhalb der Arena lagern und es von innen nicht wesentlich mehr zu sehen gibt wie von außen.
Die römischen Soldaten erinnern mich an die „Hundertschaften“ von Mozarts, die in Wien versuchen Konzert und Opernkarten unter die Touristen zu bringen. Trotzdem vermitteln sie, wenn auch ein klischeehaftes Bild, von Verona vor 2000 Jahren.
Wir ziehen weiter in die historische Innenstadt. Die Marken, Labels und Namen sind die Gleichen wie in anderen Städten in Westeuropa und wohl inzwischen auch darüberhinaus. Wir sind daran nicht interessiert und wir konzentrieren unser Augenmerk auf die Bausubstanz oberhalb das Erdgeschosses und auf die Seitenstraßen. Hier kommt das Flair Veronas rüber.
Ganz unverhofft stehen wir vor einer kleinen Tafel, die uns auf den berühmtesten Balkon aller Balkone hinweist. Den legendären Balkon aus Shakespeares Romeo und Julia. Erst später erfahren wir, dass dieses Gebäude schlicht und einfach gar nichts mit der literarischen Vorlage zu tun hat und auch der Balkon erst nachträglich angebracht wurde. Neudeutsch würde man sagen: ein Fake!
So generieren findige Tourismus-Manager touristische Pilgerströme 😆
Im Straßenbild fallen uns immer wieder „Gaukler“ und Künstler vor allem aus der Kategorie „lllusionisten“ und venezianischer Karneval auf. Es scheint so, als ob es aktuell ein Treffen dieser Künstler in der Fußgängerzone gibt. Kurz vor der berühmten Piazza treffen wir auf diese llusionisten. Mit offenem Mund umrunden wir die Beiden. Ungläubig schauen wir uns und die umstehenden Passanten an. Nein, das ist doch nicht möglich, doch die Dame scheint regungslos zu schweben. Auch nach einer weiteren Umrundung wird unsere ins Gesicht geschriebene Frage: „wie geht das?“ nicht beantwortet.
Wir wenden uns der Piazza delle Erbe zu. Der Platz ist gesäumt von Bauwerken verschiedener Jahrhunderte und diente in der mittelalterlichen Stadtrepublik als Versammlungsort und Marktplatz. Es ist gerade Markt. Wir lassen uns einfach treiben und genießen diesen Flair südländischer Märkte. Wir lassen uns Zeit und atmen die Aura dieses Platzes ein. Inmitten des Platzes eröffnet sich uns ein 360°-Panorama, das uns die wechselvolle Geschichte dieses Ortes erahnen lässt. Trotz des geschäftigen Treibens auf dem Marktplatz strahlt das Gebäudepanorama eine erhabene Ruhe aus. Aus dem trüben Norden kommend, ist das genau die richtige Atmosphäre bei milden Temperaturen und Sonnenschein unsere „hektischen Nordländerbewegungen“ an südländisches Dolce Vita anzupassen.
Zusehends verlangsamen wir unsere Erkundungsgeschwindigkeit und unsere Aufmerksamkeit für Details und für nicht sofort ins Auge springendes steigt in gleichem Maße.


Langsam kommen wir in Italien richtig an.
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