Zu unserem Übernachtungsplatz in Marina di Castagneto müssen wir durch ein “Villenviertel” fahren. Wir haben schon die Befürchtung, dass wir wieder auf eine Strandparty-Area wie nördlich von Pisa treffen. Unser angestrebter Übernachtungsplatz liegt genau hinter den sandigen Dünen die den Strand vom grünen Hinterland trennen. Nach dem Abstellen des Wohnmobils stellen wir fest: Der Wind frischt immer stärker auf und nimmt in Böhen auch schon mal Sturmstärke an. Wenn dann auch noch einem aufgewirbelter Sand entgegen fliegt, dann heißt es nur noch: Augen zu, Nüstern zu und Mund schließen, sonst knirscht das Gebiss beim Abendbrot.
Am nächsten Morgen beschließen wir einen Strandspaziergang nach San Vincenzo zu machen. Schnell zeigt sich, dass unsere Befürchtung einer Partyarea unbegründet ist. Überwiegend freier Strand, unterbrochen von einzelnen “Sonnenschirm-Areas” mit Bar-Anschluss und ein paar Wassersportangeboten. Die überwiegenden Strandbereiche sind aber frei zugänglich und naturbelassen. Das bedeutet aber auch, dass Seetangreste den Uferbereich zieren und was das idyllische Bild mehr stört, ist allerhand Unrat, den das Meer angeschwemmt und auf der Strandfläche verteilt hat. Ab und an zwingt uns das auch mal zum Slalom laufen.
Wesentlicher Unterschied zu unserem Strandspaziergang in Camaiore ist aber der Sand. Der Sand ist nicht ganz so fein wie weiter nördlich. Das hat zur Folge, dass der Sand an der Wasserlinie einen nicht so festen Untergrund bildet und das Laufen am Strand mit Fußabkühlung sehr schnell anstrengend wird, weil die Füße immer wieder tief in den Sand einsinken und sehr viel Kraft der Füße im Untergrund „verpufft“. Das Laufen weiter oberhalb der Wasserlinie macht aber auch keinen Spaß, weil hier der Sand so heiß ist, dass man geschlossene Schuhe braucht um sich nicht die Fußsohlen zu verbrennen. Aber auch im heißen Sand ist das Fortkommen nicht weniger beschwerlich. So werden die geschätzten 10 km zur Herausforderung.
Auf dem Rückweg wird diese Herausforderung, die mit einem kleinen Muskelkater belohnt wird, noch gesteigert. Auf dem Hinweg haben wir noch starken auflandigen Wind von schräg hinten. Das haben wir unterschätzt, denn auf dem Rückweg haben wir Gegenwind von schräg vorne! Das erfordert noch einmal extra Körner!
San Vincenzo selbst ist ein Ort ohne erwähnenswerte Besonderheiten, direkt am Meer gelegen, was in dieser Region eher die Ausnahme ist. Der Ort ist, so unser Eindruck, geprägt von vielen Sommerhäusern, die wahrscheinlich nicht ganzjährig bewohnt sind. Außerhalb der Sommersaisonmonate dürfte dieser Ort in eine Art Winterschlaf verfallen.
Die Atmosphäre die wir erleben ist entspannt, dem Kommerz auf ein erträgliches Maß entrückt und die Menschen, die wir auf unserem Spaziergang beobachten, fast ausnahmslos Italiener, wirken zufrieden und entschleunigt. Keiner muss hier etwas, keiner produziert oder inszeniert sich. Die Kinder haben ihren Spaß an Wasser und Sand, rennen mit Schwimmflügelchen oder Schwimmringen ins Wasser und wieder hinaus, probieren ihre Schwimmbretter aus,
vergnügen sich mit ihren aufblasbaren Badetieren oder bauen im Sand einen Hafen für ihre Spielzeugboote. Ein paar andere sind mit Surfbrettern oder kleinen Segelbooten unterwegs, aber alles ist entspannt. Das ist uns sympatisch und angenehm. Auf der ganzen Strecke sind uns drei oder vier Strandverkäufer begegnet. Das war’s an Kommerz, wenn man von den paar Strandbars einmal absieht.
Hier lässt es sich aushalten – aber bitte den Sonnenschutzfaktor 30 und die Sonnenbrille nicht vergessen!