Schweinedurchfahrtverbot

viareggio-13-durchfahrtsverbotZunächst war uns das gar nicht aufgefallen. Erst bei der nachträglichen Bildbearbeitung entdeckten wir ein Schweinedurchfahrtverbot in Viareggio.

viareggio-11-durchgang-fuer-schweine-verbotenWir fragen uns was es damit auf sich hat?

Bis jetzt haben wir noch keine sinnfällige Idee. 😴😰 Weit und breit kein Bauernhof, keine Schweine, nichts was auf Schweine hinweisen würde. Rund um diesen Markt: Straßen mit Wohnbebauung, Sommerhäusern und Appartements.

Kann uns jemand auf die Sprünge helfen?

 

Impressionen eines Traditionsbadeortes – Viareggio

Die mittelalterliche Bedeutung von Viareggio geht zurück auf einen Kastell, das im 12. Jahrhundert von den Städten Lucca und Genua erbaut wurde und der Verteidigung des Gebietes gegenüber der mächtigen Stadt Pisa diente. Nach 1441 war ein Kanal der bis zum Meer führte Luccas einziger Zugang zum Meer. Zu dieser Zeit war das Gebiet sumpfig und die Malaria war weit verbreitet. Die Stadt Lucca bot sogar kostenloses Bauland an um das Gebiet um die Festung besser zu besiedeln. Wo gibt es heute noch kostenloses Bauland? Doch die Malaria begrenzte das Wachstum.

viareggio-6-promenadeErst im 18. Jahrhundert wurden größere Anstrengungen unternommen, um dieses Gebiet trocken zu legen. Dadurch wurde langfristig auch die Malaria zurückgedrängt und ist heute in dieser Region kein Thema mehr.
Dieser Trockenlegung folgte im 19. Jahrhundert Viareggios Aufstieg zum Seebad. Nucleus dieser Entwicklung war der Bau einer Villa durch eine Schwester von Napoleon die dort ihren Lebensabend verbrachte. Nach und nach entstanden Badeanstalten und weitere Villen. Diese Entwicklung führte zu einem international bekannten Seebad in dem sich die Reichen und Schönen der jeweiligen Zeit immer wieder ein Stelldichein gaben und geben. viareggio-9-luxus-yachtenDas sieht man heute nicht nur an den Villen sondern auch an den luxuriösen Hotels und Einkaufsstraßen, allem voran natürlich an der Strandpromenade. Ein Blick in den Hafen zeigt dass sich hier auch der internationale Jet-Set immer wieder blicken lässt. Deutlichstes Indiz dafür sind die Superyachten die gut versteckt im Hafen ankern. Da sind auch schon mal 60 oder 70 Meter Yachten dabei. Bei einer Yacht konnten wir sogar eine Plattform, die wohl als Hubschrauberlandeplatz dient erkennen. viareggio-9-puccini-festivalFür diese Schiffchen sind mehrere Mann Stammbesatzung erforderlich. Hier schippert man nicht mehr selber, sondern man lässt schippern.

Es gibt in Viareggio einen Binnensee, der heute Lago di Puccini heißt. Der Komponist Giacomo Puccini kaufte nach der erfolgreichen Aufführung seiner Oper Tosca die Villa in der er wohnte, umgeben von einem herrlichen Parkareal direkt am See. Sie sollte seine kreative Bleibe bis zu seinem Lebensende sein. So ist es auch nicht verwunderlich dass in diesem Jahr schon die 62. Puccini Festspiele in Viareggio ausgerichtet werden. Die zahlungskräftige Klientel der Gäste Viareggios freut sich über dieses kulturelle Angebot.

Die längste Partymeile Europas – und ihre Schattenseite

Es ist Wochenenende und noch immer August (wo sich scheinbar ganz Italien am Strand trifft). Wir hätten es uns denken können. Alle Stellplätze in Meernähe sind belegt. Nun ist alles klar, es wird eng mit den WoMo-Übernachtungsplätzen.

Doch in Lido di Camaiore haben wir Glück. Auf dem offiziellen Stellplatz ist zwar alles belegt, doch direkt nebenan befindet sich ein Parkplatz für Pkws an der Rückseite eines 5 Sterne Hotels. Hier stehen schon einige Wohnmobile, die wohl auch vor verschlossener Schranke standen und hierher ausgewichen sind. An der Einfahrt befindet sich der Hinweis „No Camping“ dies  scheint aber niemanden zu stören. Uns nun auch nicht. Wir werden bald erfahren warum die Polizei, wenn sie vorbeifährt, immer in die andere Richtung schaut. 😉

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Lido di Camaiore – „Strandpromenade“

Zunächst aber erst einmal ans Meer! An der Uferstraße reihen sich die Bagnos (Strandbäder) auf wie Perlen auf einer Schnur. Egal in welche Richtung wir uns bewegen, ein Blick aufs Meer ist nur schwer zu erhaschen. Jetzt zur Nachmittagszeit scheint hier alles noch verschlafen zu sein. Die Parkplätze sind zwar gut gefüllt, doch der Verkehr an der Promenade hält sich in Grenzen. Anders an der Grenzlinie zwischen Meer und Strand. So weit das Auge reicht: Horizont, Wasser, Sand und Menschen. Das was Italiener im Augusto so lieben. Frühestens um 10 Uhr an den Strand, braten und chillen im Bagno unter Sonnenschutz-einrichtungen, ab und an einen Strandspaziergang machen und wenn es gar zu heiß wird, den Body im Meer abkühlen. Wem das zu langweilig ist, der geht am nächsten Tag in ein anderes Bagno, in dem die Gäste mit gutem Essen, Strandbarromantik oder mit sportlichen Wasser- und Land-Bespaßungsangeboten unterhalten werden. Die, die dafür noch keinen Animateur brauchen, sieht man dann auch schon mal in Joggingschuhen und Jogging-Dress die Strandpromenade bei 35 Grad+ hinauf und hinunterhetzen. Natürlich, wie es sich für einen Italienet gehört, immer mit Knopf im Ohr und I-Phone mit Fitnesssensor am Oberarm mit Gummiband fixiert.😂

Der Bär beginnt erst zu toben, wenn sich die Sonne wieder dem Horizont nähert. Dann aber richtig.

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Viareggio – Seaside: Sand, Wasser, Menschen

Am frühen Abend verschwinden die Strandschönheiten für kurze Zeit, um sich aufzubrezeln. Dann werden die Ferraris, Masseratis und Lamborghinis aus den Garagen für den nächtlichen Showcorso geholt und die Auspuffanlagen werden schon einmal vorgeröhrt und -geglüht. Je dunkler es wird um so mehr (meist Italiener) sind auf den Beinen. Mit Kind und Kegel, so scheint es.

Gut, ich übertreibe ein bisschen. Das ist eher der Standard in Viareggio. In abgespeckter Form gilt es aber für die gesamten 40km, die sich allabendlich in den Sommermonaten zur längsten Partymeile Europas verwandeln.

Und nun die Schattenseite:

Die Aufbrezelzeit ist vorbei und die uns umgebenden Italiener sind schon längst auf dem Catwalk unterwegs. Mehrere uralt PKWs, mit den noch ganz alten schwarzen italienischen Autokennzeichen, fahren auf den Parkplatz. Dass diese Dinger überhaupt noch fahren, grenzt an ein Wunder. Bei diesen mindestens 30-40ig Jahre alten Vehikeln gilt wohl die alte VW-Käfer-Regel: was nicht dran ist, das kann auch nicht kaputt gehen.

lido-di-camaiore-2-fluechtlings-womosSie stellen sich in die verbliebenen Zwischenräume die die Wohnmobile noch frei gelassen haben und die Insassen beginnen nach und nach den Fahrzeuginhalt auszuräumen. Es sieht so aus, als ob sie ihre gesamte Habe aus dem hinteren Teil des Fahrzeugs in den vorderen umräumen oder im nahen Gebüsch verstecken. Und tatsächlich die Fahrzeuginsassen richten sich improvisierte Schlafkojen ein. Sie sind von Erscheinungsbild her Nordafrikaner. Man hat sich ja schon an die meist illegalen Strandverkäufer von Sonnenbrillen, Hüten, Schals, Strandbekleidung und inzwischen auch „Selfy Sticks“ gewöhnt, die kennt man schon seit 30ig Jahren. Doch das sind meist Schwarzafrikaner. Diese scheinen mir eher Lybier, Ägypter, Algerier oder Marokkaner zu sein. Flüchtlinge?

Menschen, die vor zwei oder drei Jahren noch die Insel Lampedusa und die italienischen Küsten „überschwämmten“? Damals erklärte unsere Regierung das, mit dem Verweis auf  „europäische Verträge“, zum inneritalienischen Problem, bevor auf einen Schlag mehr als 900 Menschen an einem Tag im Mittelmeer versanken. Sind das diese Menschen?

Mir erscheint das so. Es sind, wie sich später herausstellt, Menschen die ihre Hilfsdienste in den Strandbetrieben anbieten und für einen Hungerlohn versuchen, sich existentiell über Wasser zu halten. Die, die jetzt Party machen, können das nur, weil es auf der anderen, der unsichtbaren Schattenseite, diese Menschen gibt, die die Drecksarbeit machen und dann noch in völlig ungeeigneten Fahrzeugen auf dem Parkplatz „wohnen“. Sie kochen dort mit CampingGaz-Kochern, breiten ihren Gebetsteppich aus, gehen dort ihren religiösen Ritualen nach und nutzen die Infrastruktur des gegenüber liegenden Wohnmobilstellplatzes für rudimentäre Körperhygiene und zur Verrichtung ihrer Notdurft.

Nun ist uns klar, warum die Polizei, immer wenn sie vorbeikommt – und das tut sie während unserer Anwesenheit oft – immer „zufällig“ zur anderen Straßenseite schaut. Diese armen Menschen sind schon zu bedeutend für das perfekt funktionierende Bespaßungssystem vorne am Strand geworden. Auch dort am Strand ist der Preis ein bedeutendes Wettbewerbsargument. Wenn an der Preisschraube nicht mehr gedreht werden kann, dann kann der Profit nur durch drücken der (Lohn-)kosten noch erhöht oder erhalten werden. Und damit sich an der „schönen heilen Welt“ auch ja nichts ändert, wird eben auch „offiziell“ weggeschaut!

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Viareggio – Strandpromenade

Die meisten dort vorne auf der Partymeile ahnen nicht einmal etwas von dem, was sich an den versteckten Plätzen in der dritten oder vierten Straßenreihe, abseits der Strandpromenade, abspielt. Und die, die doch etwas mitbekommen, wie so manche unserer Parkplatznachbarn, die wollen das vielleicht auch gar nicht so genau wissen. Es ist ja schließlich Urlaubszeit und zu der passen keine Probleme, die man durch den eigenen Hunger nach Party irgendwie vielleicht auch selbst ein wenig mit verursacht hat.

Wo Marmor scheinbar aus der Erde wächst

Wir verlassen La Spezia in Richtung der Via Aurelia, die auch mit dem Kürzel SS1 bezeichnet wird. An alten Häusern findet man noch oft diese Bezeichnung die früher, bevor es Autobahnen hier gab, den Reisenden auf dem Weg in Richtung Rom Orientierung boten. Wir fahren über Carrara, Massa, Querceta und Pietrasanta an den Hängen der Apuanischen Alpen entlang.

Wir bestaunen die Hänge, die steil aufragen. Jede einigermaßen ebene Stelle scheint bebaut zu sein. Leider gibt es keine eigenen Bilder. Wir haben zu Hause noch eine Möglichkeit geschaffen, die Kamaraaccus auch mit Solarstrom bzw über die Bordbatterie laden zu können, doch was hilft das, wenn man die Kamara nicht anschließt??? Null Komma Nichts 😉 Daher müssen wir auf Fremdbilder zurückgreifen 😕

Carrara und die Marmor-Steinbrüche. Im Vordergrund ein steinverarbeitender Betrieb
Carrara : Von Myrabella – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7902887

An diesigen Tagen, wenn die Sonne einen scheinbar ständig blendet, dann weis man beim Blick in die Steilhänge nicht genau, ob das „Weiße“ dort oben weiße Marmorwände der Steinbrüche sind oder kleine Wolken, die sich in das Blickfeld des Bergpanoramas hineingeschoben haben. Wenn man einmal einen dieser rohen Marmorblöcke auf einem Lagerplatz oder auf einem Lastwagen, so wie sie aus den Bergen ins Tal transportiert werden, gesehen hat, dann wird klar, dass das exakte Herausschneiden und das Hinuntertransportieren auf steilen Strassen ein Knochenjob ist. Auch heute noch.

Wir fahren an einem aufgelassenen Steinbruch, nein, Marmorbruch, vorbei. Dort stehen heute Verarbeitungsbetriebe. Wir sehen die aus den Berg herausgeschnittenen Marmorblöcke oder die schon zu Marmorplatten zersägten Blöcke in den Betrieben links und rechts der SS1. Zu Michelangelos Zeiten wurden daraus Marmorsäulen, Marmorverkleidungen für Gebäude und natürlich lebensechte Statuen für Gebäude-, Kirchen- und Gartenausgestaltungen gefertigt. Heute ist das nicht anders. Nur die modernen Marmorküchenplatten sind hinzugekommen. Da sie durch natürliche Farbstoffe leicht verfärben, sind sie für diesen Einsatzzweck eigentlich nicht die erste Wahl. Der Markt verlangt es aber trotzdem und sichert so, so manchem Steinbrucharbeiter und Mitarbeitern der Verarbeitungsbetriebe Einkommen und das täglich Brot.

Marmorwekstatt (in Pietrasanta)
Von Serpens – Serpens, Bild-frei, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=270181

Hat sich Michelangelo hier oder vielleicht doch dort nach dem weißesten und reinsten Marmorblock für seine Kunstwerke umgeschaut? Wir wissen es nicht, aber wir können es uns gut vorstellen.

Pietrasanta hat sich zum Zentrum der Marmorverarbeitung entwickelt. So finden sich in dem kleinen Ort viele Künstler ein, die in dem Ort nach „DEM“ Marmorblock suchen und ihn dann auch, wie Michelangelo, bearbeiten. Zahlreiche Ausstellungen und Events zeugen davon. In diesen Orten dreht sich natürlich alles um den Marmor. Unten am Meer sind die Häfen, von denen aus diese Carraramarmorsteinblöcke in die ganze Welt verschickt werden.

Von hier aus fahren wir hinunter zum Meer zu den Marinas und Lidos. Früher dominierte dort das Hafengeschehen und der Fischfang die Szenerie. Alles andere war einfach nur Sandstrand, wenn man von den alten „Kurorten“ für die feine und vor allem adelige Gesellschaft, wie Forte dei Marmi und Viareggio einmal absieht. Am Meer erwartet uns das ultimative Kontrastprogramm 😊😉.