Wir müssen langsam an die Fahrt nach Hause denken. Es gibt zwei Alternativen. Entweder gehen wir noch entlang der Rückreiseroute weiter auf Entdeckungstour, oder wir machen „Urlaub vom Reisen“ 😉.
Wir entscheiden uns für letzteres und steuern Münchens entferntesten Badesee – den Gardasee an.
So rumpeln wir wieder durch die Poebene, diesmal weiter westlich. Durch einige Hinweisschilder wird uns bewußt, wir sind im Ferrariland. Hätten wir noch ein paar Tage mehr Zeit, dann hätten wir sicher ganz spontan einen Abstecher nach Marnello gemacht, denn Ferrari ist für mich auch ein Symbol für Italien.
Wir fahren durch bis Peschiera del Garda. Der Übernachtungsplatz, den wir uns ausgesucht hatten, entsprach allem Anderen als unseren Vorstellungen. So fahren wir gleich weiter nach Lazise, wo wir einen Stopp für einen Cappu einlegen und gleich einen Stadtrundgang anschließen.
Einen schönen Übernachtungsplatz finden wir in Malcesine etwas abseits der Uferstraße auf einer Anhöhe unweit der Bergbahn. Ideal zum chillen und keine 5 Fahrradminuten zum Zentrum. Hier lässt sich italienische Lebensart mit Alpenflair verbinden.
Eigentlich ist noch alles wie vor 50 Jahren. Klar, alles mehrfach modernisiert, doch im Grunde immer noch wie damals, als sich die langsam etablierenden 68iger mit ihrem VW-Bus und mehreren Surfbrettern auf den Dach in einem Restaurant oder gleich am Gardaseeufer trafen, um sich den neuesten Tratsch von der Ludwig-Maximilians-Universität oder den Schwabinger Kneipen zu erzählen.
Ein Ballermann ist der Gardasee nie gewesen. Abgesehen von einzelnen Auswüchsen, hat der anhaltende und nie wirklich abebbende Ansturm auf den See den Gardasee auch nicht zu einem Touristennepp werden lassen. Es mag vielleicht an der Mischung von Bodenständigkeit und Geschäftstüchtigkeit der Einheimischen liegen, dass der Gardasee noch immer ist was er einmal war – ein Münchner Badesee nicht nur für Münchner. 😊
Wir genießen das angenehme warme Klima unter Palmen und Olivenbäumen. Unseren täglichen Cappu nehmen wir allmorgendlich in einem anderen Lokal in der Ortsmitte zu uns. So ergibt sich auch noch die Möglichkeit, italienische Spezitäten einzukaufen, die sich auch gut als Mitbringsel eignen, zum Beispiel für unsere liebe Nachbarin, die unseren Kater während unserer Abwesenheit verköstigt und bekuschelt. Je nach Lust und Laune fällt der Rückweg mit den Rädern etwas kürzer oder auch etwas länger aus. Mit den Sportskanonen wollen wir uns nicht messen, die machen es nicht unter 80 km und vielen vielen Höhenmetern. Wir bleiben brav in Ufernähe, da ist es bekanntlich weitestgehend eben und mit 30 km am Tag sind wir mit unseren Tourenrädern (ohne elektrische Unterstützung 😊) absolut zufrieden.
Am Ende unserer Reise machen wir bewusst einen auf Touri. Wir fühlen uns aber nicht so. Es ist mehr wie eine kurze Auszeit. Einfach herumschlendern, den Lieben Gott einen guten Mann sein lassen, nichts müssen, beobachten dürfen, ohne uns in einen ökonomischen Zwang zum Shoppen und Konsumieren gedrängt zu fühlen. Dafür ist der Gardasee einfach ideal, weil man hier das Fremdenverkehrsbussines nach wie vor dezent betreibt. Vielleicht ist das der Grund, warum sich der Gardasee trotz großer Entfernung nach wie vor bei den Münchnern so großer Beliebtheit erfreut.
Ein letztesmal auf dieser Reise führen wir unser Abfahrritual durch.
Markise einfahren, Gasflasche abdrehen (schließen), Dach- und Seitenfenster schließen und verriegeln, die Satelitenschüssel (die wir nicht haben) einfahren bzw. flach legen, alles was im Fahrzeug herumfiegen könnte sicher verstauen, von den Keilen runterrollen und die Keile natürlich einpacken, von den Stellplatznachbarn verabschieden, … und dann geht’s los zum „Sprung“ über die Alpen.
Wir kommen gerade bis Trient und da ist er wieder der allmorgendliche Ruf nach einem Cappu, an den wir uns schon so gewöhnt haben. Also noch mal runter von der Autobahn und Cappuccino trinken mit Stadtbesichtigung. Unverkennbar wir sind in den Alpen. Viele bauliche Merkmale zeigen uns, wir nähen uns alpenländischer Baukunst und einem langen Einfluß der Habsburger auf diese Region, auch wenn sie hier nicht immer die Herren waren.
Erfüllt und voller Dankbarkeit, aber auch mit etwas Wehmut nehmen wir Abschied von Trient und von einer wunderschönen Reise, die uns Italien sehr nahe gebracht hat, auch wenn wir nur einen kleinen Teil davon bereist haben.
Bella Itatia! Wir kommen wieder. Versprochen!
