Der Spreewald: eine von Menschenhand geschaffene Kulturlandschaft

Das den inneren Spreewald umgebende Grasland wird heute von großen Traktoren mit gigantischen Mähbalken bearbeitet. In früherer Zeit dürfte das durch Ochsen, Pferde und durch Muskelkraft bewerkstelligt worden sein, oder aber durch direkte Beweidung wie es auch heute noch gemacht wird. Die Rinderherden, die wir beobachten konnten, die durch das Grasland streifen, verleihen der Landschaft einen Hauch von Wild-West-Romantik. Einen Cowboy oder Gaucho haben wir aber nicht gesehen.😉 An einer Stelle werden wir durch Schautafeln darauf hingewiesen, dass dieses Gebiet schon seit mindestens 3000 Jahren von Menschen bewirtschaftet wird. Das belegen archäologische Befunde. Somit ist der Spreewald ein sehr altes von Menschen gestaltetes Kulturland.

An verschiedenen Stellen, fällt uns auf, dass man die Natur sich selbst überlässt. Ein Einheimischer, mit dem wir ins Gespräch kommen, vertritt zu dieser „grünen Haltung“, eine sehr kritische Position. Er argumentiert, dass die Spreelandschaft nur deshalb heute so ist, wie sie ist, weil der Mensch sie über viele Jahrhunderte gestaltet hat. Dass Sich-Selbst-Überlassen hat zur Folge dass sich diese alte Kulturlandschaft zusehends verändert, weil durch die fehlende Kulturpflege sich der Waldbestand nicht mehr verjüngen kann. Er lastet diese Veränderung der dogmatischen Haltung von grünen Politikern an und empfindet deren kompromisslose Haltung als eine Art Heimatverlust. Das ist eine Sichtweise, die sich einem Touristen, der mal für zwei, drei Tage einfliegt bei aller Aufmerksamkeit nicht sofort erschließt. Er empfindet, das was er sieht als schön, Natur pur, als schon immer so gewesen. Es strahlt Idylle und Friedlichkeit aus. Die schleichenden Veränderungen kann der Kurzzeittourist nicht erkennen.

Mir wird wieder einmal deutlich, wie schwierig es in unserer komplexen Welt geworden ist, einen fairen Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Standpunkten und Interessen zu erarbeiten. Und so stellen sich mir beklemmende Fragen, wie z.B.:

Wem gehört eigentlich eine alte Kulturlandschaft?

Wer darf für diese Kulturlandschaft sprechen (und wer nicht)?

Gibt es so etwas wie Heimatrecht? Oder sogar ein Recht auf Heimat? Ist das vielleicht sogar ein Grundrecht?

Gibt es so etwas wie ein Selbstbestimmungsrecht der in einer „Heimat“ lebenden Menschen und der durch sie getragenen Organisationen?

Wo liegt die Grenze zwischen „Mit der Natur leben“ und „Natur ausbeuten“?

Diese Fragen machen uns sehr nachdenklich, zumal uns ähnliche Fragen in touristischen Hotspots wie z.B. in Pisa, Kloster Melk, Dürnstein an der Donau, in der Tourimeile am Tittisee oder in Venedig in ähnlicher Weise begegnet sind. In den genannten Beispielen war Auslöser der überdimensionale und nicht mehr verkraftbare Ansturm der Touristen, der Heimat zerstört.

Hier lernen wir, dass auch politische Dogmen, Heimat zerstören können!

Paul, der hilfsbereite Spreewald-Gondoliere

Die Radwege im Spreewald sind überwiegend gut und fest verdichtete Schotterwege. Auf den Hauptrouten und innerhalb von Siedelungen sind sie meist asphaltiert. Gerade diese Schotterwege, mit darin enthaltenen spitzen Steinen, können tückisch sein. Wer mit den heute üblichen modernen Reifen unterwegs ist, sollte bei optimalem Reifendruck eher selten ein Problem bekommen. Ganz auszuschließen ist das aber nicht. Als wir auf unserer Rundtour von Lübbenau nach Lübben und in einem großen Bogen über Alt Zauche wieder zurück nach Lübbenau fahren, ist uns genau dieses passiert. Ungefähr 10 km vor Lübbenau fängt das Hinterrad von Womolix’s Fahrrad an zu holpern.

Ein Blick zum Hinterrad reicht – Plattfuß.

An diesem Teil der Strecke sind kaum Menschen unterwegs. Flickzeug und das kleine Notbehelfswerkzeug haben wir dabei. Doch ohne Luftpumpe, wird uns das nichts nützen. Mit Erschrecken stellen wir fest, dass ich beim Fahrfertigmachen der Fahrräder die Luftpumpen in der Wohnmobilgarage vergessen habe. Da kann sich der WoMolix aber was von ärgern. WoMoline verzichtet dankenswerterweise auf Vorwürfe.

Ein Blick auf die Radl App zeigt, wir haben noch ca. 10 km bis zum Wohnmobil vor uns. Es ist schon später Nachmittag und 10 km Fahrrad schieben macht keinen Spaß. Wir haben Glück, so glauben wir als uns zwei Damen auf ihren Fahrrädern einholen. Wir fragen, ob sie eine Luftpumpe dabei haben. Aber wie sollte es anders sein, sie haben keine dabei. Stattdessen gibt es einen guten Rat. Wenn wir ungefähr 2 km zurücklaufen und dann nach rechts abbiegen, finden wir eine Anlegestelle für Spreewaldkähne und eine Art Schnellimbiss beziehungsweise Biergarten. Da könnte uns vielleicht geholfen werden. Mit der Aussicht auf Hilfe und Unterstützung folgen wir dankend diesem Rat.

WoMoline ist schon mal vorgefahren und versucht in dem Biergarten Unterstützung zu finden. Als ich ankomme, eröffnet mir WoMoline, dass von den etwa 10 anwesenden Radlergruppen überhaupt nur zwei eine Luftpumpe dabei haben. Von diesen zwei Luftpumpen ist eine für unsere Ventile geeignet. Ich denke mir: „Glück gehabt“.

Sofort mache ich mich daran das Hinterrad auszubauen und den Fahrradmantel von der Felge zu ziehen. Als ich gerade vom Bierausschank eine Schüssel mit Wasser organisiert habe, um das Loch im Schlauch zu identifizieren, ruft das drei Radler auf den Plan, die schon ordentlich „RadlerWasser mit Hopfenaroma“ getankt haben.

Ihre Hilfsbereitschaft ist sicher gut gemeint, aber es entwickelt sich jetzt das, was man mit dem Sprichwort „Viele Köche verderben den Brei“ beschreibt. Es kommt zu einem regelrechten Wettbewerb der heißt: „Wer weiß am besten, wie ein Fahrradschlauch geflickt wird.“

So versucht jeder der Herren dem jeweils gerade Agierenden, entweder Reifenschlauch, Flickzeug oder Werkzeug aus der Hand zu nehmen, um zu zeigen was er kann. Einfach grotesk und fast schon kabarettreif. Aber wer den Schaden hat, sollte nicht auch noch für den Spott sorgen.

Das Ergebnis ist genau so, wie es das Sprichwort beschreibt. Ich baue das Hinterrad wieder ein und als ich das Rad wieder auf seine Reifen stelle, um die Reparatur zu testen, da entweicht die Luft abermals aus dem Hinterrad. Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. 😎🤔

Mich hat’s trotzdem für die Herren eine Runde Bier gekostet.

WoMoline traut dem Reparaturschauspiel wohl auch nicht. Deshalb macht sie sich noch vor Beendigung der Reparaturarbeiten auf dem Weg zu dem nahegelegenen Spreewaldhafen. Dort trifft sie auf Paul, einen Spreewaldgondoliere der gerade seine Fahrt beendet hat. Paul erliegt dem charmanten Bitten von WoMoline und ist bereit, uns mit Rat und Tat zu unterstützen.

Als ich gerade dabei bin, das soeben reparierte Hinterrad wieder auszubauen, erscheint WoMoline mit Paul. Paul schaut sich mit fachmännischem Blick den geflickten Schlauch an und prüft mit nachdenklichen Blick die Reparaturstelle. Er zeigt mit dem Zeigefinger auf unserer Reparaturset und sagt: „Damit wird das hier nichts mehr. Ich nehme das Rad mit und repariere das in meiner Werkstatt.“ Wir erfahren von Paul, dass er nicht nur Spreewaldgondoliere ist, sondern auch ein passionierter Radfahrer. Und ehe wir uns versehen, hat Paul mein Hinterrad im Kofferraum seines Autos verstaut und lässt uns mit dem Hinweis, das könne schon eine dreiviertel Stunde oder eine Stunde dauern, zurück.

Wir können vorerst mal nichts tun. Und so bleibt uns nur, mit den angeheiterten und hilfsbereiten Radlern ein weiteres „Radler“ zu trinken.

Auch nach anderthalb Stunden ist Paul noch nicht zurück. Uns wird es langsam mulmig, denn die Sonne bereitet sich schon auf den Untergang vor und wir haben ja noch 10 km vor uns. Müssen wir womöglich im Spreewald unterm Himmelszelt übernachten?

Die hilfsbereiten Radler haben sich mittlerweile auf ihren Heimweg begeben. Und wir sitzen in dem sich langsam leerenden Biergarten. Da taucht auch Paul wieder auf. Er meint, unser Schlauch sei nicht mehr zu reparieren, aber er hat noch einen alten, schon einmal geflickten Schlauch gleicher Größe mit passendem Ventil in seiner Werkstatt gefunden.

Schnell ist das Hinterrad wieder eingebaut. Natürlich gehen wir zunächst einmal mit Paul ein Feierabendbier trinken.

Ich möchte mich für Pauls Hilfe großzügig erkenntlich zeigen, denn eine Fahrt mit dem Taxi zurück zu unserem Stellplatz hätte uns aufgrund des großen Umweges auch eine Stange Geld gekostet. Doch Paul lehnt dies kategorisch ab. Dass wir das Feierabendbier bezahlen, das ist okay.

Wir lernen einen bescheidenen aber selbstbewussten Spreewaldgondoliere kennen, der ganz fest verwurzelt mit seiner Heimat ist, diese liebt, schätzt und pflegt. Wir vernehmen das Leuchten in seinen Augen, wenn er über seine Arbeit als „Fremdenführer“ spricht. Es ist ihm wichtig, den Gästen seine Heimat nahezubringen und gleichzeitig aber auch diese Heimat zu schützen. Denn, so sagt Paul,: „Unwissenheit zerstört.“ Da erleben wir auf einmal einen sehr tiefgründigen und nachdenklichen Paul, der sich sowohl um die Erhaltung des Naturreservats Spreewald als auch um den Erhalt der Lebensweise der Menschen und ihrer sozialen Verbundenheit Sorgen macht.

So ganz nebenbei erfahren wir, dass Paul, immer wenn er in Lübbenau ist, im Restaurant & Eiscafé Hanschick, gegenüber vom Busparkplatz einkehrt und dort gut bekannt ist. Wir waren auch schon da und die Sülze mit Bratkartoffeln ist uns in guter Erinnerung geblieben. Ich bin sicher, das liegt an den Spreewälder Gurken 😉 und an den Fähigkeiten des Kochs, denn die Gurkenremoulade war hervorragend. Wir haben erfahren, dass Paul ganz gern einmal einen guten Wein trinkt. So beschließen wir am nächsten Tag dort noch einmal einzukehren und für Paul die beste Flasche Wein, die wir an Bord haben als Dankeschön bei der Wirtin zu hinterlegen.

Lieber Paul, falls du das lesen solltest, nochmals unseren Herzlichsten Dank.

Mit dem Rad den Spreewald entdecken

Unsere Radtouren im Spreewald

Das obere Spreewaldgebiet (Lübbenau, Lübben und Burg) haben wir intensiv abgeradelt und unsere Touren haben wir dieses Mal mit GPS aufgezeichnet. Das E-bike oder Pedelec ist schon zu schnell. Wir, mit unseren Touren-Drahteseln, stellen fest, dass die weitläufige Landschaft zum „schnellradeln“ verleitet. Auf manchmal endlos langen Geraden hat man einen Fixpunkt am „Horizont“ im Auge und die unmittelbar an einem vorbeifliegende Landschaft, mit allen Einzelheiten, nimmt man nicht mehr war. Es ist eine Form der Achtsamkeit auch das unmittelbar Umgebende wahrzunehmen und die eigene Geschwindigkeit dafür zu reduzieren.

Es passiert uns nicht nur einmal, dass E-biker anhalten, weil wir angehalten haben. Wir haben Tiere oder interessante Fotomotive entdeckt die uns bei der langsamen Genussradlerei aufgefallen sind. Die E-biker bestätigen uns, wenn wir nicht angehalten hätten, dann wären sie achtlos vorbei- und weitergefahren. Hier im Spreewald ist langsamer manchmal mehr – so unsere Erfahrung. Wer also in den Spreewald fährt sollte sich etwas Zeit mitbringen.

Natürlich ist nichts gegen den sportlichen Aspekt einzuwenden, bei dem es um Messbares und Vergleichbares, um Kondition und Wettbewerb unter Gleichgesinnten geht. Wer aber das Naturerlebnis auskosten möchte, der ist langsam besser unterwegs.

Radrundtour 1: Lübbenau – Berg

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Aufgezeichet mit Locus Map

Es war geplant von Lübbenau über Lehde und Leipe durch das Herz des Oberen Spreewalds nach Burg zu fahren. Wegen Bauarbeiten an einer Brücke  kurz vor Leipe, müssen wir jedoch umkehren und über Boblitz und Raddusch nach Burg fahren. Von Burg fahren wir dann über Leipe und Boblitz wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt in Lübbenau. Mit 48 km (ohne e-) für die erste Tour nicht schlecht. Die letzten 4 oder 5 km tun uns noch nicht Eingeradelten ganz schön in den Oberschenkeln weh. Wir haben den strammen Gegenwind doch ordentlich unterschätzt, der uns auf dem Rückweg entgegenbläst.

Wie abwechslungsreich diese Tour ist, lässt die nachfolgende Galerie nur erahnen. Wir treffen auf eine alte Bäckerei, wo es für uns Cappuccino und ein süßes Teilchen gibt. Uns begegnen Störche, denen wir bei der Brutpflege etwas zuschauen, große Rinderherden, die über das Grasland ziehen (es hat fast das Flair der Serengeti) und ganz unverhofft stehen uns am helllichten Tage zwei Rehe gegenüber.

Natürlich treffen wir auch immer wieder auf die Spree oder Spreekanäle. Und das Grasland verändert sich immer wieder von einem auf den anderen Kilometer.

Zu guter Letzt treffen wir noch auf eine eine Gießkännchensammlung, die im Garten eines Hauses aufgebaut ist. Von da an müssen wir gegen den strammen Wind ankämpfen, der uns dann gar heftig entgegenbläst. Die Aussicht, dass wir uns in die Campingstühle lümmeln können, wenn wir das letzte Stück nach Lübbenau überstanden haben, lässt uns noch mal kräftig in die Pedale steigen.

Radrundtour 2: Lübbenau – Lübben – Alt Zauche und zurück.

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Wir fahren von Lübbenau nach Lübben. Lübben trennt das Obere Spreewaldgebiet vom unteren Spreewald. Am Spreewaldhafen fallen uns erstmalig Kähne mit Außenbordmotor auf. In Lübbenau und Burg haben wir das noch nicht gesehen. Dort gibt es die Fortbewegung auf dem Wasser offenbar nur mit Muskelkraft.

Auf der 46 km langen Tour durchfahren wir eine sehr abwechslungsreiche Landschaft in der eine Menge Naturerlebnisse und -beobachtungen möglich sind. Voraussetzung ist langsames radeln und viel Aufmerksamkeit. Je nach Jahreszeit ist auch eine Menge für Hobby-Ornithologen und Tierfotografen dabei. Der Spreewald ist eine beliebte Sammlungs- und Zwischenstoppregion für Zugvögel. Der Spreewald scheint dafür ideal zu sein. Offenes Grasland, Feuchtwiesen, keine oder nur wenige Hochspannungsleitungen, viel Ungestörtheit und Weitläufigkeit und ein Nahrungsangebot dass den Scharen von Zugvögeln zur Verfügung steht. Neben dem zotteligen Griesgram begegnet uns nur noch ein einsamer Storch und eine Menge an „Kleingetier“

Die Geschichte Lübbens reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Doch viele historische Zeugnisse aus der langen Geschichte fielen im 2. Weltkrieg den Kämpfen zum Opfer. Lübben würde zu ca. 85% zerstört. Es sind nur wenige historische Baudenkmäler erhalten geblieben. So ist eine eher modern anmutende Kreisstadt mit einzelnen historischen Gebäuden im Stadtbild entstanden. Der Marktplatz mit dem Rathaus (mit moderner Architektur) wirkt auf uns noch am ansprechendsten.

Die Landschaft und das Naturerlebnis hat für uns den größeren Reiz als die Stadt und so machen wir uns recht schnell wieder auf den Rückweg.

Unkommentiert möge die folgende Foto-Galerie unsere Eindrücke illustrieren:

Zurück geht es über Alt Zauche einem kleinem Ort am Rande des inneren Spreewalds. Von dort aus war geplant, über Wotschofska und Lehde nach Lübbenau zurückzufahren. Eine Reifenpanne verhinderte jedoch diesen Weg. Bei einer Wanderung haben wir Wotschofska dann doch noch besucht. Dieses Spreewald-Gebäudeensemble Ist heute ein Ausflugslokal und Biergarten, das sowohl von den Kähnen, als auch von den Kajak- und Kanufahrern gerne angesteuert wird. Den Krimifreunden wird diese Kulisse vielleicht bekannt vorkommen, denn einige Szenen wurden und werden hier für den Spreewaldkrimi gedreht. Ich kann das nicht beurteilen, denn ich bin kein (Fernseh)krimiserienfreund. Um ehrlich zu sein, ich wusste nicht einmal, dass es einen Spreewaldkrimi überhaupt gibt, bis ich das auf einer Hinweistafel gelesen habe.

Radtour 3: von Lübbenau ins ehemalige Bergbaugebiet.

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Wir wollen nun einmal weg aus dem Touristengebiet und sehen, wie es an einem inzwischen stillgelegten Tagebergbau aussieht. So fahren wir in südwestlicher Richtung entlang des Lichtenauer Sees. Das „große Loch“ ist schon geflutet, aber die Renaturierungsarbeiten (oder sollte ich besser „Landschaftsgestalltung“ sagen) sind wohl noch lange nicht abgeschlossen. Die kleinen Orte, durch die wir fahren, erinnern mich an Bilder aus dem ländlichen Polen oder auch an Orte in der Pusta in Ungarn. Auf dieser Tour sind wir fast vollständig allein. Außer zwei Radlerpaaren, die wir sofort als Touristen identifizieren können, begegnen uns keine weiteren Personen. Es wirkt fast wie ausgestorben. Dafür haben wir die Bekanntschaft mit einer Waschbär-Familie gemacht. Waschbären haben wir hier nicht erwartet. So schnell, wie sich die putzigen Tierchen bei unserem Anblick verkrümelt haben, habe ich die Kamera nicht startklar bekommen.

Sehr spannend sind diese 31 km nicht. Wir können uns aber vorstellen, wenn die Renaturierung abgeschlossen ist und sich eine Infrastruktur für Naherholung und Tourismus entwickelt hat, dass dieses Urteil sich verändert. Wer einfach nur eine einsame Strecke zum Radfahren oder Joggen im Grünen sucht, der ist heute schon gut bedient.

Und weil es gerade so schön warm ist genehmigen wir uns am Marktplatz in Lübbenau ein sehr wohlschmeckendes Eis aus einer regionalen Eismanufaktur.

Radrundtour 4: Durch den inneren Oberspreewald

Eine etwas kürzere Tour mit ca. 18 km führt uns durch den Inneren Spreewald und über Boblitz wieder zurück nach Lübbenau. Einfach etwas Genussradeln durch den „Grünen Urwald“ an der Spree. Die Eindrücke links und rechts des Weges wirken auf uns wie eine undurchdringliche „grüne Hölle“. So stelle ich mir es irgendwie im Amazonasgebiet vor. Scheinbar undurchdringlich, feucht und sumpfig, abenteuerlich und geheimnisvoll – nur eben kleiner als am Amazonas. Nur große wilde gefährliche Tiere oder gar Piranhas haben wir nicht gesehen, außer ein paar wilden E-Bikern, vor denen man sich tunlichst auf den schmalen Wegen in Acht nehmen sollte. 😜

Radrundtour 5: Um den Oberspreewald herum.

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Mit 50 km  ist diese Tour unsere Längste. Größere Teile sind wir schon gefahren. So findet diese Tour eher unter dem sportlichen Aspekt statt. Sie führt uns von Lübbenau über Alt und Neu Zauche nach Straupitz. Diese beiden Orte haben wir bis dato noch nicht gestreift. Von dort fahren wir über Raddusch und Boblitz, das wir schon kennen gelernt haben, wieder zurück. Auf dieser Tour sind wir fast ausschließlich am Grenzbereich zwischen dem eigentlichen Spreewald und dem, den Wald umgebenden Grasland unterwegs.

Von Gurken und Kähnen: Der Spreewald

Vor fast genau einem Jahr fand diese Reise unter dem Eindruck der ersten Welle der Corona-Pandemie statt. Dass 10 Tage später in diesem Jahr die Artikel genau so aktuell sein würden, haben wir vor einem Jahr nicht gedacht.

Bei dem Begriff Spreewald fällt mir sofort der Begriff Spreewälder Gurken ein, die diese Region überregional bekannt gemacht haben. Aber auch Leinöl, Sauerkraut und einige andere Gemüsesorten gehören zu den lokal typischen und nach wie vor produzierten Naturprodukten.
Sofort taucht vor meinem geistigen Auge das Bild der Kähne auf, mit dem heute die Touristen durch den Spreewald gefahren werden. Es hat einen kleinen Hauch von Venedig in der norddeutschen Tiefebene. Der große Unterschied ist, dass die Spreewälder Gondoliere nicht mit ihrem Ruder paddeln, sondern mit einem Stab stechend und schiebend ihr Brot durch die Spree und die Spreekanäle manövrieren.

Mit etwas Nachdenken, fällt mir auch die Minderheit der Sorben ein. Und in der Tat, alle Ortsnamenschilder sind hier zweisprachig; in Deutsch und Sorbisch.

Und da waren noch irgendetwas mit UNESCO.

Ja, dem Spreewald ist mittlerweile der Status eines UNESCO-Biosphärenreservats zuerkannt worden und genießt dadurch eine ähnliche internationale Aufmerksamkeit und einen Schutzstatus wie UNESCO-Weltkulturerbestätten.

Nach den Lockerungen der Corona Beschränkungen (2020) läuft der Tourismus überraschend schnell wieder an

Wir fahren von Franken über Dresden nach Lübbenau. Dort sind wir zunächst einmal ziemlich überrascht. Obwohl Corona unser Land noch immer fest im Griff hat und erste Lockerungen der Vorsichtsmaßnahmen seit wenigen Tagen touristische Aktivitäten wieder möglich machen, hätten wir einen solchen „Run“ auf Lübbenau nicht erwartet.

Zwar steht auf dem riesigen Busparkplatz am Ortseingang kein einziger Omnibus, aber dafür drängeln sich dort auffallend viele Wohnmobile. Wir fahren u.a. alle offiziellen Wohnmobilstellplätze und einen Campingplatz an. Danach wissen wir warum auf dem Busparkplatz so viele Wohnmobile stehen. Alles voll!

Also genehmigen wir uns für die nächsten zwei Nächte Asyl auf dem Busparkplatz, bevor wir auf einen sehr schönen und gut geführten Wohnmobilstellplatz in der Nähe umziehen.

Der Bustourismus ist noch nicht wieder angelaufen. Dafür brennen viele Besitzer neuer Wohnmobile darauf ihr neues Gefährt endlich ausprobieren zu können. Auffallend viele Wohnmobile sind vom neuesten Produktionsdatum. Auch unser Nachbar aus dem Sauerland ist ein absoluter Neuling mit nagelneuem Wohnmobil.

Ganz klar. Die seit dem Spätherbst 2019 ausgelieferten Wohnmobile, konnten bisher ja noch nicht wirklich zum Einsatz gebracht werden. Die erste Möglichkeit, die sich bietet, nutzen die Besitzer und so ist eben der Busparkplatz nun mit Wohnmobilen voll. In Gesprächen mit Nachbarn bestätigt sich diese Vermutung. Auffallend viele Neulinge und auf neue Mobile umgestiege Wohnmobilisten sind unterwegs.

Lübbenau: Das Zentrum des Tourismus im Oberen Spreewald

Der historische Teil von Lübbenau mit dem Spreehafen und dem Schloss, (das heute als Hotel genutzt wird), könnte man schon als eine Art Museumsdorf bezeichnen. Hier ist alles auf den Tourismus vor allem den Tagestourismus ausgerichtet. Die Stadtgrenze von Berlin ist ja auch nur 60 oder 70 km entfernt. Läden mit Kunstkeramik wechseln sich ab mit Ständen in denen Spreewaldgurken, Honig und Senf angeboten werden und die wiederum wechseln sich ab mit gastronomischen Angeboten von Eis, über Döner bis Mittagessen oder Kaffee und Kuchen. Auch Klamottenboutiken fehlen nicht. Die Preise, vor rund um den Hafen orientieren sich eher in Richtung Theatiner Strasse oder dem Promenadeplatz in München als am örtlichen Einkommensniveau.

Es gibt aber auf der anderen Seite der Bahnlinie das andere Lübbenau; das Lübbenau der Einheimischen. Dieses Lübbenau ist eher gekennzeichnet von sozialistischer Einheitsplatte, teilweise recht ansprechend modernisiert. Ich vermute, diese Wohneinheiten beherbergten zu DDR-Zeiten vor allem die Werktätigen im angrenzenden Tagebergbau außerhalb des Spreewaldgebietes.

Nach Modernisierungen der sozialistischen Einheitsarchitektur ist an vielen Stellen das kohlegrau freundlicheren Farben gewichen. In den, an die Wohnblöcke angrenzenden Garagenhöfen ist aber das alte Farbschema meist noch sichtbar. Da darf noch saniert werden. 😉

Gleiches gilt für das Lübbenau durchschneidende Bahnhofsgebiet. Das sieht noch richtig grausig morbide aus. Manche nennen das auch ‚OstalgieCharme‘ 😉.

Für uns ist das ein interessantes Kontrastprogramm. Hier die filmreife Kulisse, da die reale Lebenswirklichkeit, getrennt von einer Eisenbahnlinie mit Bahnhof.

In diesem scharfen Kontrast, macht uns das nachdenklich, denn wir werden mit einem „Schein“ konfrontiert, der möglicherweise gar nicht authentisch ist. Eine Beobachtung, die wir schon häufiger gemacht haben. Uns wird schnell klar, die Kontakte am Touristen-Hot-Spot werden uns keinen Eindruck von den Menschen hier vermitteln. Die werden sich so verhalten, wie es von den Touristen erwartet wird, und wie es für das Touristikbusiness am vorteilhaftesten ist.

Es werden die Kontakte jenseits der Touristenkulisse sein, die uns ein wirkliches Bild der Lebensweise in der Region vermitteln werden, sei es im abseits gelegenen Hofladen eines sorbischen Dorfes, oder beim Feierabendbier mit einem „Spreewaldgondoliere“, dem Tierschützer, der die Horste der Störche inspiziert oder … .
Wir werden auf unseren Radtouren noch ausreichend Gelegenheit dazu bekommen.