Die Sommerfrische der Päpste – Castel Gandolfo

Nach so viel Rom brauchen wir eine Auszeit. Gehirn Lüften ist angesagt. Wir sind abgefüllt mit Eindrücken, Kultur und Erlebnissen. Rom ist anstrengend und doch haben wir nur an der Oberfläche gekratzt.

Wir wollen noch einmal zum Meer und ein paar Tage nichts tun, bevor wir uns langsam wieder auf die Heimreise machen. Den südlichsten Punkt unserer dieser Italientour haben wir auf jeden Fall erreicht. Da unser Übernachtungsplatz vor den Toren Roms nur etwa 6 km von Castel Gandolfo entfernt liegt, beschließen wir noch einen kleinen Umweg über den Sommersitz der Päpste zu machen und dort unseren Cappuccino einzunehmen.

Auf der Fahrt dorthin sind wir entsetzt, wie viel Müll sich links und rechts der Straße angesammelt hat. Aber dazu werde ich noch gesondert etwas schreiben. Doch kaum erreichen wir die Ortsgrenze ist alles wieder picobello. Hier sind Touristen aus aller Welt unterwegs und siehe da: der Reinigungsdienst funktioniert wieder.

Castel Gandolfo 1 - Blick zum MeerCastel Gandolfo liegt auf einer Anhöhe mit fantastischem Rundblick aufs Meer, vorausgesetzt es herrscht klare Sicht. Auf der anderen Seite blickt man hinunter zum Lago Albano. Auf dem höchsten Punkt des Ortes steht der Palazzo Pontificio, der Sommersitz der Päpste – zumindest bis vor ein paar Jahren. Von hier aus hat man nicht nur den Blick zum Meer sondern gleichzeitig auch zum Lago Albano.

Der Weg hinauf zum höchsten Punkt ist gepflastert mit Läden, die das Interesse der Massentouristen wecken sollen, aber kaum geeignet sind, um die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs der Einheimischen zu decken. Von Kunsthandwerk bis Trüffelsalami ist fast alles zu haben was noch den letzten Platz eines Touristenkoffers füllen kann. Dazwischen mischen sich Möchtegern-Kunstgalerien, Kunthandwerk-, Andenkenläden und natürlich Restaurants und Cafés. Es ist recht wenig los. Wir führen das drauf zurück, dass die großen Ferien in Italien bereits beendet sind. Doch das ist nicht der Grund, wie wir alsbald erfahren werden.

Auf dem kleinen Platz direkt vor dem Palazzo Pontificio lassen wir uns in einem Cafe nieder um unseren morgendlichen Cappuccino einzunehmen. Nur wenige Plätze sind besetzt. Wir kommen mit einem anderen Gast des Cafes ins Gespräch, der sehr gut deutsch spricht. Es stellt sich heraus, dass er und die anderen Gäste des Cafes Handelstreibende des Ortes sind. Die Nachbarhändler der Anwesenden bewachen solange ihre Läden solange sie im Café sind und würden sie holen, wenn sich doch ein Kunde in ihren Laden verirrt.

Wir erfahren, das aktuell der erimitierte Papst, „unser“ Kardinal Ratzinger, in Castel Gandolfo zugegen ist. Das sei an der Beflaggung am Palazzo Pontificio zu erkennen, erklärt man uns. Als Kardinal Ratzinger noch Papst war, da kamen die Touristen, genau so wie bei seinen Vorgängern, in Scharen. Doch heutzutage, mit dem neuen Papst ist der Touristenstrom deutlich abgeebbt. Papst Franziskus, der bekanntlich mit vielen vatikanischen Traditionen gebrochen hat, hat auch den traditionellen Rückzug des Papstes in den heißen Sommermonaten nach Castel Gandolfo nicht in sein Pontifikat mit übernommen und meidet Castel Gandolfo. So müssen die Handelstreibenden erkennen, dass ein erimitierter Papst,der sich nach seiner Abdankung zunächst nach Castel Gandolfo zurückgezogen hatte, kein Zugpferd für ihr Geschäft ist und die Traditionsbrüche des neuen Papstes für sie „geschäftsschädigend“ wirken. Unser Gesprächspartner witzelt, dass es durchaus sein könne, dass Franziskus nur deshalb nicht nach Castel Gandolfo kommt, weil er sonst auf den Ex-Papst Benedikt treffen würde. Mit dem für die Italiener typischen Humor, meint er, das Problem würde sich ja dann irgendwann mal durch „Gottes Abruf“ lösen. Sein verschmitztes Lachen verrät uns, dass er diese Aussage selbst nicht glaubt.

Knapp einen Monat nach unserem Besuch kündigt Papst Franziskus offiziell an, die Sommerresidenz künftig nicht mehr nutzen zu wollen und die Papst Wohnung wird zu einem Museum umgewandelt.

Um ganz ehrlich zu sein, Castel Gandolfo gibt nicht viel mehr her als einen „Cappuccino-Ausflug“ mit Ausblick zum Meer, und wenn man Glück hat, mit einem netten Plausch im Cafe. Alles andere hatten wir schon. Der Ort und die Pfarrkirche San Tommaso da Villanova sind ganz nett anzuschauen, aber wir sind uns einig: den Umweg hätten wir uns sparen können.