Frei stehen mit dem Wohnmobil ist in der Gemeinde der Wohnmobilisten eine umstrittene Angelegenheit.

In einigen Ländern oder Landesteilen (z.B. in Teilen von Österreich oder in den Niederlanden) ist es verboten. Andere Länder tolerieren es. In Deutschland gilt die Faustregel: Eine Nacht geht immer, mit dem Argument der Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit, wenn das Fahrzeug den geltenden Regeln entsprechend den abgestellt ist. (Inzwischen versuchen Gerichte vereinzelt diese Faustregel aufzuweichen. Ich halte das aber eher für Ausreißer von der Faustregel).
Die Regelungen sind nicht immer ganz klar, ja manchmal sogar widersprüchlich. Selbst Ordnungshüter haben mit der Gesetzes- und Verordnungsauslegung Schwierigkeiten. Es mag zwar interessant sein einen juristischen Diskurs über das Freistehen, notfalls sogar vor Gericht, zu führen, in der konkreten Situation hilft das aber nicht weiter. Man hat die gültigen Rechtsnormen nicht zur Hand, und selbst wenn, dann braucht es viel zu lange sich da durchzuwühlen. Mit der zur Verfügung stehenden Reisezeit kann man etwas Sinnvolleres anfangen ;-). Wir nutzen zwar überwiegend Wohnmobilstellplätze, Campingplätze nur wenn wir restlos verwahrlost sind und stinken, weil uns das Frischwasser ausgegangen ist. Aber wenn wir in einer Wohnmobilstellplatz-Diaspora sind suchen wir uns unseren Schlafplatz folgerichtig selbst aus.
Es soll auch Zeitgenossen geben die zwischen weißen WoMo-Yachten mit ihrem VW-Buschen Platzangst bekommen. Das geht uns manchmal genau so, wenn wir links von einem Morello und rechts von einem Concord eingekeilt werden. 😉
Dann ist „Frei Stehen“ angesagt. Doch dann kreisen die Gedanken um die diffuse Sorge, wie man ohne Störung eine ruhige Nacht verbringen kann.
Wie wir mit diesem Thema umgehen und welche Tipps wir geben können, verraten wir in diesem Artikel. Wir haben diese bisher erfolgreich angewendet und bis auf einmal wurden wir bisher noch nie vertrieben oder haben einen Platzverweis kassiert. Trotzdem gibt es keinerlei Garantie, dass es nicht doch einmal nachts an unserer Tür klopft…
Wir übernachten nie, wo wir tagsüber stehen.
Ein Stellplatz irgendwo im Nirgendwo ist schon sehr verlockend. Ruhig, unbeobachtet, mit grandioser Aussicht oder Umgebung – Der Traum eines jeden Freizeitvagabunden. Manchmal möchte man gar nicht mehr von dort weg. Ungestört kochen, in der Sonne relaxen, vielleicht sogar arbeiten.
Trotzdem wechseln wir unseren Stellplatz für die Nacht, den wir zuvor „ausgekundschaftet“ haben.
Tagsüber wird man gesehen, von Passanten oder vielleicht sogar der örtlichen Polizei.
Wenn wir über Nacht bleiben, kann es durchaus passieren, dass wir angeschwärzt werden. Es gibt immer noch genügend Zeitgenossen überall in Europa, die „Frei Stehen“ mit „zigeunern“ gleichsetzen und Zigeuner ist nach wie vor ein stigmatisierter Begriff. Und schneller als man denkt, bekommt man ungebetenen Besuch und die Nachtruhe ist dahin.
Für uns ist aber noch viel wichtiger: Kriminelle Elemente, die sich Hoffnung auf lukrative Beute machen, können uns abseits der Straßen kaum ausmachen, wenn wir erst in der Abenddämmerung unseren Schlafplatz aufsuchen.
Es ist immer besser den Standort für die Nacht zu wechseln! Wenn wir alleine unterwegs sind, kommt es selten vor, dass wir mehrere Tage am Stück am gleichen Ort bleiben. Außer, es gibt dort wirklich keine Menschenseele.
Ohne ein gutes Bauchgefühl keine Übernachtung
Die Auswahl des Übernachtungsplatzes unter dem Gesichtspunkt: „Wie schnell können wir flüchten“ wirkt sich auf die emotionale Hygiene, sprich: das Bauchgefühl, aus. Fehlt diese bzw. dieses, ist an einen entspannten Schlaf nicht zu denken. Und wenn wir nicht gut schlafen können, dann ist das Ziel nicht erreicht. Egal warum! Ob ein schlechtes Kopfkino, Flug-, Eisenbahn-, Industrie- oder Straßenlärm, oder ungebetene Besucher ist einerlei. Die Nacht ist rum und wir nicht ausgeschlafen.
Den Schlafplatz bei Tageslicht begutachten
Deshalb ist die Begutachtung des Übernachtungsplatzes bei Tageslicht so wichtig. In der Nacht können wir die Gegebenheiten nicht beurteilen, wir kennen die weitere Umgebung ja normalerweise nicht. Dabei achten wir z.B. auf Dinge wie:
- Liegen an den Platzrändern Bierflaschen oder anderer Unrat herum? Auch wenn viele Zigarettenschachteln oder gar Kondompackungen unachtsam entsorgt wurden, sollte man von einer Übernachtung absehen
- Ist der Standplatz von der nächsten/vorbeiführenden (Haupt)Straße aus einsehbar? Erleuchtet der Lichtkegel vorbeifahrender Autos das Wohnmobil?
- Gibt es Hinweise auf nächtliche Jugendtreffs? Nicht das die gefährlich wären – aber die Wahrscheinlichkeit der Ruhestörung steigt erheblich. Auch vermehrte Spuren von durchdrehenden Reifen weisen auf solche Treffs hin
- Parken Kleintransporter (mit oben aufgesetzter Schlafkabine) meist aus osteuropäischen Ländern auf dem Platz – das zieht kriminelle Elemente an, denn bei diesen Fahrzeugen gibt es was zu holen und diese Spitzbuben wissen wo die Fahrer übernachten.
- Parkplätze auf Raststätten von BABs oder an Bundesstraßen sind bei uns grundsätzlich tabu
- Sind Grillplätze oder Grillhütten in der Nähe
- Wie weit ist die nächste Wohnbebauung entfernt – Wenn wir mal Hilfe holen müssten – in Industriegebieten ist nachts meist niemand da
- Liegt der Platz in einem Mobilfunk-Funkloch?
- Stehen andere Wohnmobile oder Campingbusse an diesem Platz und haben diese ortsansässige oder fremde Kennzeichen.
- Wo ist der nächste Polizeiposten (das lässt sich im Internet meist leicht recherchieren.
Immer abfahrbereit sein
Die wichtigste Regel, die uns ein gutes Gefühl gibt, heißt: „Alles Startklar!“ Dies ist unsere goldene Regel, die wir stets befolgen!
Bevor wir zu Bett gehen, stellen wir sicher dass ALLES eingeräumt und klar zur Abfahrt ist. Falls jemand unsere Nachtruhe stört, sollte es wenigstens nicht so aussehen, als hätten wir uns seit Stunden oder Tagen breitgemacht und mit exzessivem Campingverhalten an den Regeln der Obrigkeit gekratzt.
Wir möchten nur schlafen (und unsere Fahrtauglichkeit wiederherstellen) und am nächsten Morgen weiterfahren. So, oder so ähnlich sollte die Botschaft sein.
Als Beweis für unsere Fahruntüchtigkeit haben wir auch immer eine leere Weinflasche im Abfallkörbchen griffbereit. 😉
Diese Regel gilt für uns auch auf Wohnmobilplätzen. Nur auf eingezäunten und gut gesicherten Campingplätzen sind wir etwas nachlässiger und lassen die Markise und die Campingstühle draußen.
Deshalb packen wir unseren Kram zusammen, so als wollten wir in der nächsten Minute losfahren, bevor wir in den Tiefschlaf fallen. Dann können wir notfalls spontan das Feld räumen. Wie schon gesagt, diese Option mussten wir erst einmal in den letzten 7 Jahren ziehen.
Abfahrbereit heißt auch, dass man den Standplatz so auswählt, dass man keine Auffahrkeile braucht um gerade zu stehen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist bei der Auswahl des Standplatzes, dass wir notfalls ohne zu rangieren flüchten können. Das sind die beiden wichtigsten Punkte, auf die ich achte, wenn ich den Übernachtungsplatz „auskundschafte“. Inzwischen bin ich so geübt, dass ich oft auf Anhieb unser Mobil in eine waagrechte „Schlafposition“, ohne dies vorher ausprobiert zu haben, fahren kann. Übung macht hier den Meister 😉
Schlüssel und ggf. Brille sind griffbereit positioniert und das Gas ist abgestellt (Flasche zu!) Da wir eine Dieselheizung haben, gilt diese Regel für uns sogar in der kühlen Jahreszeit.
Und selbstverständlich, die Markise ist eingezogen.
Wie finden wir geeignete Plätze?
Wenn wir in eine Region fahren, in der WoMo-Stellplätze Mangelware sind, dann halten wir schon bei der Anfahrt in das Gebiet Ausschau nach geeigneten Plätzen. Wir haben schon recht gute Erfahrungen mit Wanderparkplätzen gemacht, die schon an den Straßen angekündigt werden.
Mindestens genau so gute Ergebnisse haben wir erzielt, wenn wir mit dem Fahrrad auf Radwanderwegen unterwegs sind. Hier gibt es immer wieder Parkplätze für einen Einstig zum Radwanderweg. Diese haben nicht selten auch noch einen Grillplatz oder Kinderspielplatz in der Nähe. Mit GPS-Daten und Navi sind solche Plätze auch einfach wiederzufinden.
In der Nähe von Flussläufen finden sich auch immer wieder Stellen zum Einsetzen von Kanus oder Kajaks oder auch von größeren Booten. Dort sind meist auch Park- oder vorübergehende Abstellmöglichkeiten für Fahrzeuge vorhanden. Diese kann man ebenfalls „halblegal“ nutzen.
Genau so gute Ergebnisse erzielten wir mit Parkplätzen von Sehenswürdigkeiten (Schlösser, Burgen, historische Gärten) und Bergbahnen. Diese sind meistens unter Tags gut frequentiert doch in der Nacht ist dort gähnende Leere. Allerdings beobachten wir in den letzten zwei, drei Jahren, dass (zumindest bei Touristischen Hot-Spots) ein Wohnmobil, oder Übernachtungsverbot von den örtlichen Behörden angeordnet wurde. Manchmal sind die Hinweise darauf sehr unglücklich positioniert und werden leicht übersehen. Also Augen auf, denn Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.
Eine weitere Quelle für gute Übernachtungsplätze sind Freibäder – und wen es nicht gruselt… Friedhöfe, die ebenfalls fast immer einen Parkplatz für Besucher haben und nachts nicht frequentiert werden. Die Freibäder haben zudem den Vorteil, dass für wenig Geld Morgenschwimmen und Duschen „zugebucht“ werden kann.
Um solche Plätze zu finden reicht oft schon der eigene Augenschein oder, wer es elektronisch haben will, Google Maps oder OpenStreetMap völlig aus, den die haben viele sog. POI’s (Point of Interrest) in ihrem Kartenmaterial schon gespeichert.
Wer es spezifischer haben möchte, der kann sich auch die App Park4Night anschauen hier finden sich auch Einträge von Wohnmobilisten, die auf nicht expizit als Wohnmobilstellplatz ausgewiesenen Parkplätzen schon übernachtet haben.
Ähnlich verhält es sich bei der App vom MeinWomo-Verlag. Die im Internet unter www.meinwomo.net bzw. im Appstore zu finden ist. Auch hier sind neben ganz offiziellen Wohnmobilstellplätzen und Campingplätzen, Parkplätze für Tagesbesuche und Plätze zum Übernachten ohne Kennzeichnung als Wohnmobilstellplatz enthalten. Sogar ehemalige Plätze, die z.B. geschlossen oder in der Nutzung eingeschränkt wurden, sind in diesem Portal/App enthalten.
Bei beiden Apps sind Benutzerberichte und Bewertungen enthalten, die für eine Auswahl hilfreich sein können. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass die Kommentare sehr subjektiv geprägt sind und einen in die Irre führen können. Nichts desto trotz hat uns diese kostenpflichtige App auch schon gute Dienste beim „Frei Stehen“ geleistet.
Der Notfall-Schlafplatz
Das kennt jeder Wohnmobilist: Den ganzen Tag unterwegs – dann ein Stau, dann müde, es wird dunkel der nächste WoMo-Stellplatz ist überfüllt und dann einen Platz für die Nacht finden. Inzwischen ist es dunkel und keine Ahnung wo anhalten… ,Dann muss sich Keiner wunderen, an welch komischen Ort er sich am nächsten Morgen wiederfindet.
Nachts einen Stellplatz zum Schlafen suchen ist nicht immer einfach. Man sieht seine Umgebung nicht richtig und man weiß nicht, ob man dort sicher steht.
Sollte es trotzdem mal dunkel sein, dann suchen wir uns einen gut beleuchteten Ort aus. Diese findet man aber meist nur in Städten z.B. auf beleuchteten Stadt- bzw. Festplätzen, die außerhalb der Festzeiten als stadtnaher Parkplatz genutzt werden. Auch Wohngebiete mit breiteren Straßen können geeignet sein. So finden sich oft am Ende eines solchen Wohngebiets Sackgassen, oder endende Straßen die noch beleuchtet sind, wo man für eine Nacht niemand stört. Aber aufkeilen oder gar Campingverhalten mit großem Gejohle sollte man unterlassen.
Solche Plätze – gerade bei Dunkelheit – zu finden ist nicht immer ganz einfach. Erstaunlicher Weise hat uns in solchen Not-Situationen Google Maps die besten Dienste erwiesen. Vorausgesetzt eine vernünftige Internetverbindung ist verfügbar.
Immer schön abschließen
Vielleicht klingt es etwas übertrieben, aber wir schließen immer und überall ab. Auch nachts, wenn wir im Bett liegen.
Auch wenn wir nur kurz aussteigen um die schöne Aussicht zu genießen. Es wird abgeschlossen. Gehen wir einkaufen oder zu Fuß auf Erkundungstour, installieren wir im Ausland, bzw. in Regionen die als Einbruchsgefährdet gelten, zusätzlich eine Lenkradsperre.
Beim Frei Stehen gilt: Zeige NIE was du hast!
Denn Gelegenheit macht Diebe. Das gilt nicht nur, wenn man sich beobachtet fühlt. Es gibt Leute die sich einen versteckten „Safe“ in ihr Wohnmobil einbauen oder einbauen lassen. Aber das weiß der Spitzbube nicht. Ist das Wohnmobil erst einmal gewaltsam geöffnet, dann sind die Kosten für den Einbruchschaden oft größer als die entwendeten Gegenstände – den Ganzen Ärger damit nicht mitgerechnet.
So sollten die Wohnmobilgaragen (eine häufig beobachtete Unart) nicht offen stehen bleiben, damit Jedermann die teuren E-bikes begutachten kann. Genauso gehören Laptops und Kameras nicht auf den Campingtisch
Auch altersschwache Hunde, die jeden Besucher freudig oder gar mit Desinteresse begrüßen, bieten keinen Schutz vor unliebsamen Überraschungen.
Falls sich trotzdem nachts jemand am Wohnmobil zu schaffen macht und seien es nur ein paar angeheiterte Jugendliche in Mitternachtspartystimmung, dann sollte man sich lautstark bemerkbar machen. Die meisten Einbrecher gehen ganz schnell bei genügend Radau stiften. Und wenn es doch zu unheimlich wird – dann Zündschlüssel nehmen – starten und nichts wie weg. Wir sind auf eine solche Situation vorbereitet. Damit ist der Stresslevel für uns kalkulierbar und das ist die Voraussetzung für eine gute Nacht.
Was tun, wenn die Ordnungsmacht auftaucht?
Wie gesagt, wir hatten bisher immer Glück und mussten nur einmal den Platz verlassen.
Wenn die Polizei, oder wie bei uns der Ordnungsdienst der Stadt Linz auftauchen, dann gibt es genau zwei Möglichkeiten:
- Still bleiben und so tun als wäre niemand zu Hause
- Wenn das nicht geht, z.B. das Licht brennt noch, die Vorhänge sind noch offen, oder die Ordnungshüter klopfen lautstark an die Scheiben, dann gilt aufmachen, höflich bleiben und die Situation mit einem klaren Menschenverstand versuchen zu klären.
Wie wir von anderen Wohnmobilisten wissen, hinterlässt das Argument mit der nicht mehr gegebenen Fahrtauglichkeit Eindruck und führt zu einer Duldung bis zum nächsten Morgen.
In unserem selbst erlebten Fall, war es nicht so, Wir bekamen einen Zettel hereingereicht mit einer Strafandrohung von 180 € und der Wegbeschreibung zu einem Campingplatz in 30 km Entfernung und dem mündlichen Hinweis, dass die Strafandrohung in einer halben Stunde vollzogen würde, wenn wir das Feld nicht räumen.
Mit diesen Verhaltensregeln sind wir bisher gut gefahren.
Also dann – Gute Reise