Der Spreewald: Eine alte Kulturlandschaft entdecken

Wasser„straßen“ im Spreewald

Diese alte Kulturlandschaft hat für uns drei wesentliche Dimensionen – Das umgebende weitläufige Grasland, den bewaldeten inneren Spreewald mit den Wasserläufen der Spree und den kerzengerade verlaufenden Kanälen – die hier Fließ genannt werden, und die Orte und Behausungen die der Lebensmittelpunkt der Bewohner im Spreewald sind, nebst ihrer durch die Landschaft geprägte Lebensweise.

Lehde das Museumsdorf

Mitten im Spreewald liegt ein Ort, der lange Zeit nur mit dem Kahn erreichbar war. Lehde ist heute ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäudeensemble, dass man durchaus als bewohntes Museumsdorf bezeichnen kann, das in seinem Kern ein Freilandmuseum beherbergt. Wer gerne in vergangene Zeiten eintaucht, der bekommt im Freilandmuseum eine Menge geboten.

Heute leben noch etwa 130 Menschen in diesem Ort, der zu einem nicht unbedeutenden Teil vom Tourismus lebt. Aber auch nebenerwerbliche Fischerei, was vor langer Zeit die Haupterwerbsquelle war, und Gemüseanbau sind heute noch Bestandteil des örtlichen Lebens und Wirtschaftens. Es soll sogar noch einen Kahnbauer geben. Nahezu jedes Grundstück hat Zugang zur Spree oder zu einem Spreekanal. Lehde ist also eine Art Süßwasservenedig und ist entweder zu Fuß oder mit dem Kahn erreichbar. Es ist auch möglich mit dem Fahrrad hin zu fahren, aber gerade die E-Biker sollten sich bewusst sein, dass die Brücken die über die Kanäle führen sehr steile Auf- und Abgänge haben, die das Schieben der Fahrräder nicht gerade einfach machen. Schon mit normalen Fahrrädern sind diese Brücken für manch ungeübten Zeitgenossen und für kleinere Kinder eine Herausforderung.

Kahnfahren: die Spreewälder Hauptattraktion

Überall, wo die Spree oder die kerzengerade verlaufenden Spree Kanäle, auf Besiedelung treffen, sind Häfen und bei größeren Ansiedlungen kleine ‚Hafengebiete‘ entstanden. Hafengebiet ist vielleicht etwas übertrieben. Es sind Anlegestellen für die Spreewaldkähne.

Das Kahnfahren mit Touristen, ist eine Erfindung des modernen Tourismus. Früher, so nehme ich einmal an, war der Kahn das wichtigste Transportmittel für Güter die hier produziert wurden. Heute wird eine ganze Busladung auf zwei oder drei Kähne verteilt, mit einem Spree-Gondoliere als Fremdenführer. Während der Fahrt vermittelt er allerhand Wissenswertes, während er seine Gäste von einem Hafen zum nächsten und in die dortige Gastronomie schippert.

Es scheint sogar so etwas wie einen öffentlichen Nahverkehr auf der Spree zu geben. Das Haltestellenschild des Spreewald-Express weist deutlich darauf hin.
Auf dem Bild des Haltestellenschilds sieht man im Übrigen die typische Tracht der Spreewälderinnen. Wir haben diese Tracht nur zwei mal in Natura gesehen. Da war aber die Kamera nicht mit dabei, bzw. nicht einsatzfähig. 😢

Die Alternative zum Kahnfahren

Wem das zu gruftihaft, kaffeefahrtenhaft oder schlicht zu langweilig ist, der kann auch mit einem Kanu oder Kajak die Welt der Spree und der Spreekanäle entdecken. Vor allem die jüngeren unter den Besuchern des Spreewalds wählen diese Variante. Auch bei Familien mit kleineren Kindern ist diese Variante der Fortbewegung recht beliebt. Ein Hauch von Abenteuer verspricht dabei ein Picknick an einem der Anlandungsplätze oder an den Schleusen der Kanäle.

Ab und an begegnet man auch echten Kanuwanderern, die mit kleinem Zelt und Gaskocher im Spreewald von Campingplatz zu Campingplatz oder Übernachtungswiese unterwegs sind.

Radfahren im Spreewald: nicht nur eine beliebte Freizeitbeschäftigung

Wie wir erfahren, nutzen auch die Spreewälder, zumindest im Kernbereich, sehr gerne das Fahrrad, da doch eine ganze Menge von Verbindungswegen für den allgemeinen Verkehr gesperrt sind. Und wer durch das innere Spreewaldgebiet auf die andere Seite der Spree möchte muss mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln recht große Umwege in Kauf nehmen.

Der Spreewald bietet eine Vielzahl von möglichen Radtouren an, die auch in den meisten Fällen ordentlich ausgeschildert sind. Aus der Vielzahl von Möglichkeiten, und von den Fremdenverkehrsämtern vorgeschlagenen Touren, lassen sich für jeden Geschmack kurze bis sehr langen Touren zusammenstellen. Den Schwierigkeitsgrad würde ich eher auf leicht bis mittel einstufen, denn das ganze Spreewald Gebiet bietet nur wenig Höhenunterschiede. Gerade für nicht so geübte Radfahrer ein ideales Gebiet wieder etwas „Fahrradkondition“ aufzubauen. Auch für Familien mit Kindern ist das Spreewaldgebiet zum radeln recht gut geeignet.

Die von den Touristinformationen kostenlos zur Verfügung gestellten Radwandervorschläge sind, was die Karten anbetrifft, zu ungenau und stimmen mit der Beschilderung nicht immer überein.

Wir empfehlen entweder eine detailreiche professionelle, aber kostenpflichtige, Radwanderkarte, oder eine Radwander-App wie z.B. locus map oder komoot, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben.

Sonst, so ist es uns passiert, kann es sein, das ein Schild die Entfernung z.B. nach Lübben mit 8 km angibt. Das nächste Schild, dass wir entdecken, weist dann aber eine Entfernung von 12 km aus. Entweder wir haben eine Abzweigung verpasst, oder?…

Den nicht so arrivierten Radlern sei noch der gute Rat mitgegeben, immer einen passenden Ersatzschlauch und eine geeignete Luftpumpe, plus Werkzeug dabeizuhaben. Es kann, sollte es doch einmal zu einem Platten kommen, ein recht weiter Weg sein bis zu einem Ort, an dem man professionelle Hilfe bekommen kann. Darauf zu hoffen das andere Radler Notfallreparaturset, Werkzeug und passende Luftpumpe dabei haben, ist so naiv, wie auf einen Lottogewinn zum Ausgleich des voll ausgeschöpften Disporahmens zu spekulieren. Wir haben es selbst erlebt.😎

Eine unerwartete Begegnung

Wir sind mit dem Rad an einem Spreewaldkanal unterwegs. Wir passieren gerade eine Spreewaldschleuse, als wir ein herzzerreißendes Schreien einer Frau unten vom Kanal vernehmen. Mir schießt sofort der Gedanke in den Kopf, da ist beim Schleusen ein Kind aus einem Boot gefallen und die erschrockene und besorgte Mutter reagiert mit hysterischem Gekreische.

Vollbremsung, runter vom Rad, Rad umdrehen und abstellen – Lage sondieren. Ich sehe eine junge Frau kreischend und wild gestikulierend in einem 2er-Kajak sitzen. Dahinter ein junger Mann, der langsam paddelnd das Kajak zurück zum Steg manövriert. Das freudige Gesicht der jungen Dame passt so überhaupt nicht zu meinem Bild im Kopf.

WoMoline hat mittlerweile die Situation gecheckt und ruft: „Hallo Kathi was machst du denn hier?“

Ich bin noch immer nicht im Bilde. Hää wer? Kathi – kenne keine Kathi – oder doch?

Ganz langsam geben mir meine Gehirnwindungen einen Tipp. Eine von WoMolines Nichten heißt so. Ja, und die überschwängliche Freude, die ich irrtümlich als Panikreaktion interpretiert habe, passt zu WoMolines Nichte, die wir nun schon seit drei oder vier Jahren nicht mehr gesehen haben, weil sie in der Welt unterwegs war.

Wir wussten nichts von ihrem Hier-Sein, und sie wusste nichts von unserem Aufenthalt im Spreewald. Und genau in den drei Sekunden, als wir an der Schleuse mit den Fahrrädern vorbeifahren, fährt WoMolines Nichte mit ihrem Freund aus der Schleuse heraus und sieht und erkennt uns. Unglaublich, unvorstellbar.

Die Welt ist doch oft viel kleiner als wir denken.

Natürlich feiern wir an einem der folgenden Abende dieses unerwartete Wiedersehen beim Grillen mit Spreewaldgurken und Rotwein verkosten.

20 Gedanken zu “Der Spreewald: Eine alte Kulturlandschaft entdecken

  1. Schön, dass Du diese herrliche Gegend so liebevoll darstellst 👍 Und das Paddeln kann ich nur empfehlen. Wir machen das auch nur quasi aller 10 Jahre, es ist einfacher, als es aussieht und man kann manch verstecktes Wunder damit entdecken .

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    • Danke für dein Lob meiner Darstellung des Spreewalds. Meine Empfindungen und meine Wahrnemungen sind mir so in die Feder geflossen. 😊

      Du hast recht: Beim Paddeln sieht man die Welt vom Wasser aus. Die Landratten nehmen die Umgebung ganz anders wahr. Nachdem ich mir meine Ferse zertrümmert habe, und der Heilungsprozess mich in diesem Jahr noch kräftig einschränkt, ist mir auch schon die Idee gekommen ein aufblasbares Kajak zu beschaffen und im WoMo mitzunehmen und statt wandernd und radelnd, den „land view“ paddelnd zu genießen.

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      • Angesichts Deiner Ferse ist das ne gute Idee. Wir hatten vor vielen Jahren mal solch ein Kajak, was für kurz entschlossene Touren richtig nützlich war. Allerdings finde ich, macht es mehr Spaß mit einem stabilen Paddelboot, das rudert sich einfacher und ist angesichts mancher Untiefen oder Steinen bzw. Holz im Wasser um Einiges sicherer. Und die Leihgebühren je Tag halten sich in Grenzen.

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      • Inzwischen gibt es schon richtig gute Kajaks zum Aufblasen, einige davon sind sogar für leichtes Wildwasser geeignet. Der Preis ist dann aber auch entsprechend. Die haben dann mit einem Badeboot für unter 100 € nichts mehr zu tun.

        Der Vorteil ist, die passen in einen großen Rucksack rein, oder werden schon mit einem passenden geliefert. So lassen sich Streckentouren durchführen und man fährt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit einem Taxi zum Ausgangspunkt zurück. Und die nehmen nur wenig Platz im Wohnmobil ein und sind sehr leicht. Beim Wohnmobil ist auch immer die Zuladung ein Thema.

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    • Da ich weis, dass du nicht mehr so gut „zu Fuss“ unterwegs bist, wäre doch die Wasserperspektive für dich interessant. Per Kahn oder Boot die Spree rauf und runter. Da gibt es für dich sicher viele Motive zum Ablichten.
      Ich glaube aber auch die Menschen dort würden dir gefallen. Sie sind einfach aber nicht gewöhnlich und ich habe sie als heimatverbunden und sehr zufrieden mit sich und ihrer Welt wahrgenommen.

      LG und noch einen schönen Feiertag 😊

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      • Per Kahn wäre optimal. Ich habe auch schon des Öfteren im WWW gestöbert. Vor allem in Lübben werden richtig interessante Touren per Kahn angeboten. Und dort ließe sich auch ein nicht allzu teures Quartier für mein müdes Haupt finden. 😉

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      • Dann nix wie los, die Inzidenzen sind runter, das Wetter wird besser, und die Störche warten nicht mit der Aufzucht ihrer Jungen – oder Du wartest bis die Zugvögel wieder gen Süden ziehen.

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      • Na dann eben doch im Herbst, wenn die Kraniche sich im Spreewald ihr Stelldichein geben., Oder kommen die Kraniche auch in Raisting vorbei?

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  2. Ein wirklich toller Zufall.
    Lieben Dank für die vielen tollen Eindrücke. Ich glaube, ich muss da mal wieder hin. Da hat sich dann doch sooo viel verändert. Ich war mal vom Unisport aus eine Woche im Spreewald paddeln mit Camping und so – wie Du geschrieben hast.
    Wie sind Euch die sauren Gurken in Kombination mit dem Rotwein bekommen? Das stelle ich mir gerade etwas strange vor 😉

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    • Bei einem Paddelurlaub hat man nur, oder zumindest überwiegend, die „Ansicht“ vom Wasser aus. Die Landratten nehmen die Umgebung ganz anders wahr.
      Richtig bewusst ist uns dieser Unterschied geworden, als wir die Meklenburgische Seenplatte mit dem Wohnmobil und den Fahrrädern erkundet haben und dann den Perspektivwechsel mit einer Müritz-Jacht erleben durften. https://womolix.wordpress.com/2020/06/28/perspektivwechsel-landblick-von-der-muritz/

      Saure Gurken und Rotwein, das verträgt sich gut. Etwas geräucherten Schinken, eine Leberwurst, etwas Käse und ein frisches Brot dazu… Um 20:30 war nix mehr da, Wir mussten auf Nüsse und Chips umsteigen 😉 und der Abend ging noch lange weiter…

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